Bad putt is better than a bad chip
Ein Bericht von Claus Mandalka
Da Ute und ich USA-Fans sind fliegen wir alle paar Jahre rüber. Und da der Ryder Cup in diesem Jahr in Chicago – Medinah ausgetragen wird, war klar, dass wir das kombinieren. Dank der amerikanischen Schwarzmarktpolitik war es ein leichtes an Karten zu kommen. Somit hatten Ute und ich das Vergnügen „Das Wunder von Medinah“ hautnah live vor Ort zu erleben. Und da die Kamerabestimmungen zum ersten Mal gelockert waren, gibt es davon sogar reichlich Fotos.
Ute und Claus vor der Chicago-Skyline
Wie kommt man an Tickets?
In Europa ist es ja sehr schwer ein Ticket zu bekommen. Erst muß man sich im Internet registrieren, dann ein Paßfoto hochladen und nach der Verifizierung hat man vielleicht Glück und bekommt bei der Verlosung ein Ticket. Schwarzmarkt ist unmöglich, da auf jedem Ticket das Foto des Besitzers ist und diese werden beim Eintritt mit dem Perso verglichen. In den USA ist es etwas einfacher. Auch wenn man bei der Verlosung kein Ticket bekommt, kauft man sich einfach eins im Internet auf offiziellen Wiederverkaufsseiten. Papa Staat kassiert Steuern, der Reseller bekommt eine Provision, der ursprüngliche Besitzer bekommt ca. den doppelten Kartenpreis und der Fan, also wir, bekommen die Tickets. Alle sind glücklich. Und wenn man es sich schön rechnen will, hier die Rechnung. Ein Sonntagsticket kostet ca. 125 $, auf dem Schwarzmarkt also 250 $. Sind bei aktuellem Dollarkurs ca. 200 €. Der Spass geht von früh morgens 6:00 (so früh sollte man da sein wenn man einen Platz an Tee 1 haben will) bis 20:00 (Abschluss-Zeremonie).
Macht 200 € / 14 Stunden=14,25 € / h
Als Vergleich dazu. Finale der Fussball-WM. Billigstes Ticket 500 € (kein Schwarzmarkt). Dauert mit Abschlussfeier und Verlängerung und Elfmeterschießen 3,5 Stunden.
Macht 500 € / 3,5 Stunden = 142,85 € / h
Also das 10-fache. Somit ist der Finale Sonntag beim Ryder Cup doch ein echter Schnapper.
Gute Freunde - Chris und Carl
Zurück zum Wunder von Medinah. Ute und ich haben das Glück, dass wir sehr gute amerikanische Freunde in Chicago haben, die keine 10 Minuten vom Golfplatz Medinah entfernt wohnen. Chris und Carl haben ein nettes kleines Häuschen in den Suburbs, in den es immer zwei kostenlose Betten für uns gibt.
Wir und unsere amerikanischen Freunde - Carl und Chris
Dienstag - Chicago Downtown
Am Dienstag haben wir erst mal Chicago Downtown besichtigt. Gibt immer wieder Neues zu entdecken, obwohl wir schon ein einige Male da waren. Dieses Mal ist alles im Zeichen des Ryder Cup geschmückt. Z.B. findet man in der ganzen Stadt riesige Golfbälle die alle individuell zum Thema Ryder Cup und Chicago bemalt sind.
Chicago Downtown: Die ganze Stadt im Zeichen des Ryder Cup
überall die bemalten Golfbälle
Mittwoch - Ryder Cap - Eine alte Tradition
Am Mittwoch gehen Carl und ich einer alten Tradition nach. Wir spielen unseren eigenen Ryder Cup, der bei uns Ryder Cap heißt. Denn dabei geht es um eine Ryder-Cup-Mütze, um die wir, seit dem wir uns kennen, immer dann im Lochspielmodus zocken, wenn wir uns mal irgendwo treffen. Gespielt haben wir unser Ryder-Cap schon 6-7 mal. Ich bekomme es nicht mehr ganz zusammen. Aber wir sind dabei ganz schön rumgekommen; San Diego, Chicago, Hameln, Dublin, Toronto und bis jetzt hat Team-Europa noch nie verloren, und das sollte auch diese mal so bleiben. Ute und ich nahmen das als gutes Omen für den echten Ryder Cup.
Ryder Cap: Carl gratuliert Claus zur Verteidigung des Caps
Donnerstag – Ryder Cup Einspielrunde
Durch die gesparten Hotelkosten waren sogar noch die Tickets für die Einspielrunde am Donnerstag drin. Zusammen mit Chris und Carl haben wir den Einspieltag genutzt um uns den tollen Platz mal ganz in Ruhe anzusehen und schon mal die besten Plätze für den Sonntag auszuspähen.
Zweites Thema an diesem Tag – Autogramme: Wenn es um den Ryder Cup geht, dann werde ich wieder zum Kind und zum Ultra-Fan. Autogramme bekommen ist an diesem Tag wirklich leicht. Die Stimmung ist so locker, das die Spieler bei jeder Gelegenheit, auch zwischen zwei Schlägen zu den Fans gehen und Autogramme geben. Und unter den normalen Zuschauern laufen auch ehemalige Ryder-Cup-Helden wie Bernhard Langer und Sam Torrance umher. Auch diese erfüllen jeden Autogrammwunsch, so dass auf dem vorher erstanden Ryder-Cup-Basecap kaum noch Platz ist.
Claus ist glücklich: "Endlich ein Autogramm von Ian Poulter"
Merchandise ist ein weiteres Thema. Den Merchandise-Laden haben wir fast leer gekauft. Was die Sache nun doch wieder teuer macht. Aber egal, Ute hat sowie so schon so viel Klamotten in den Shopping-Malls gekauft, das es auf das bißchen Übergepäck auch nicht mehr ankommt.
Abends gibt es dann noch eine tolle Eröffnungszeremonie, die Justin Timberlake moderiert. Und bei der amerikanischen Nationalhymne knallen noch 2 Kampfjets im Tiefflug über die Anlage. Big, bigger Amerika!!! Mögen die Spiele beginnen.
Eröffnungszeremonie: Alle Spieler fein rausgeputzt
Freitag - Ryder Cup im TV
Ryder Cup läuft auf allen Kanälen. Nicht wie bei uns nur im Pay-TV. Egal wo du hin schaltest, Ryder Cup, Analysen, Interviews. Echt geil. Nur die Ergebnisse der Europäer nicht. Rückstand nach Tag 1. 3:5 aus Europäischer Sicht. Fu§%&ck.
Samstag das selbe Bild
Wir hängen wieder vorm TV um wieder zu sehen, dass es bei unseren Jungs einfach nicht laufen will. Die Amis machten einfach jeden Putt und bei uns lippt alles aus. Zum Kotzen, ich werde immer lauter vorm TV, Ute geht eine nach der andern Rauchen, während Carl sein Bier auf dem Sofa immer besser schmeckt. Am Ende des Tages liegen wir 6:10 zurück und meine Laune hebt sich erst wieder nach der 3-ten Margarita, die Chris vorzüglich zubereitet. Cheers!
Sonntag – Das Wunder von Medinah
Sonntag morgen: Der Wecker geht um 5:00, aber man muss Opfer bringen wenn man noch einen guten Platz auf der Tribüne an Tee 1 haben will. Ute und ich kleiden uns in Europa-Blau und Chris und Carl natürlich in USA-Rot. Ab zum Platz und dieses Mal ist es wirklich eng. Das ist unser 4-ter RC in Folge und so voll war es so früh noch nie. Als wir am Platz angekommen sind, gebe ich Ute meinen Rucksack und renne alleine schon mal vor zum Tee 1 welches eine ganzes Stück vom Drop-Off des Park-And-Ride entfernt ist. Völlig außer Atem komme ich an der Tribüne an und kann gerade noch 4 Plätze für uns ergattern. 10 Minuten danach kommen die anderen drei und weitere 10 Minuten später wird der Zugang zur Tribüne dichtgemacht. Jetzt kommt man nur noch mit einem Bändchen raus und wieder rein. Es ist gerade mal 6:30. Der erste Abschlag ist um 11:00. Wer jetzt glaubt, das wird langweilig die nächsten 4 ½ Stunden, der hat sich getäuscht. Die Fans skandieren Fangesänge, die Golflegenden Arnold Palmer und Jack Nicklaus schauen vorbei und begrüßen die Fans. Musiker verkürzen die Wartezeit. Der Captain schaut vorbei und verteilt Europa-Fahnen. Das Fernsehen interviewt den Ami neben uns. Und dann die ganzen tollen Kostüme der Fans, jeder zweite Ami als Captain Amerika und die Europäer in lauter typischen Landestrachten. Ein tolles Fest und schwupps schon ist es 11:00.
Tee 1: Konkurenzkampf der Fans um das Beste Outfit
Bis hier hin konnte man auch noch munter Fotos machen. Aber ab jetzt steht die Photo-Police auf der Matte. Jeder der jetzt noch knippst, dem wird die Kamera freundlich aber bestimmt weg genommen. Kann er sich später am Ausgang wieder abholen.
Luke Donald geht als Erster gegen Bubba Watson raus, die Show beginnt. USA, USA, Ole Ole Ole der Kessel kocht. Wir bleiben die ganze Zeit auf Tee 1 und warten auf unseren Martin Kaymer. Im Ohr haben wir das Field-Radio, damit ist man immer auf dem Laufenden was auf dem Rest des Platzes so passiert. Ein Kanal ist Ryder-Cup-Radio der andere Kanal ist der original TV-Ton. Plötzlich singen alle Europäer „Theres only one Martin Kaymer ….“ und da kommt er, unser Maddin. Wie verrückt winken wir mit unserer Deutschland-Fahne und singen mit. Steve Stricker und Martin hauen Ihre Bälle Mitte Bahn und sind verschwunden. Mitlaufen kann man beim Ryder Cup vergessen. Viel zu voll. Also machen wir uns auf Richtung Bahn 15. Dort hatten wir am Donnerstag schon ein paar tolle Plätze ausgemacht, den man gut zugucken kann. Aber Pustekuchen, es ist so voll das wir uns schon auf dem Weg dahin entschließen gleich am Grün von Bahn 17 halt zu machen.
Dort ist zwar noch kein Spieler angekommen aber es gibt noch gute Plätze und einen riesige Videoleinwand auf der man sieht was auf dem Platz los ist. Die Gefahr ist zwar groß, dass man von den Spielern nicht viel zu sehen bekommt, denn beim Lochspiel können viele Partien schon vor der 17 fertig sein. Aber wie wir ja alle wissen kam es anders. Nur 3 Partien haben es nicht bis zur 17 geschafft. Der höchste Sieg gelang Paul Lawrie mit 5&3. Was uns besonders freut, weil die Golfexperten der Amis am Vortag genau dieses Ergebnis voraus gesagt haben. Nur dachten die, dass Brand Snedeker unserem Paul den Arsch mit 5 auf versohlen würde und nicht anderes rum. Hähähä.
Und so sollte es weiter gehen. Das Leaderboard färbt sich blau blauer am blauesten. Die Stimmung kippte als Europa die ersten 4 Partien gewonnen hat und plötzlich steht es 10:10.
Dann kommt Justin Rose auf die 17 mit 1 down im Gepäck. Phil Mickelson liegt weit hinter dem Grün im Rough und macht einen Zauberpitch aus dem Gemüse. Der Ball rollt auf das Loch zu und bleibt knapp daneben liegen. Das PAR ist quasi sicher. Rose hat einen 12-Meter-Putt, mit mindestens 2 Meter Break, denn muss er machen wenn er das Match noch drehen will. Und was macht er? Er macht das Ding rein. Mickelson schüttelt ungläubig den Kopf und hebt sportlich fair den Daumen in Richtung Rose. Wir, die europäischen Fans flippen völlig aus. Unerwartet muss Phill auf die 18 und Rose gewinnt auch noch dieses Loch mit einem Birdie. Zum erstem mal liegt Europa mit 11:10 vorn. Jetzt ging das Gerechne los. Die Amis führen in vielen der verbleibenden Matches, aber immer nur knapp. Plötzlich war alles möglich. Die amerikanischen Fans spürten das auch und werden immer leiser.
Auf dem Leaderboard geht es immer hin und her. Es steht 13:13 und wir benötigen noch einen Punkt um den Cup zu verteidigen. Kaymer und Molinari liegen beide All Square als Martin die 17 (PAR3) erreicht. Hier ist es inzwischen so voll, das man nicht mehr wirklich viel sehen kann. Tausend Presseleute verdecken die Sicht aufs Grün. Strickers Schlag über das Wasser trifft sicher das Grün, rollt aber zu weit aus und stoppt erst im Semi hinter dem Grün. Kaymer trifft auch das Grün aber weit links.
Loch 17: Kaymer betritt die Bühne - Die Presse verdeckt die Sicht
Ich werde mutig und mache heimlich ein Foto
Wegen des Spielstandes passt sowieso keiner mehr auf was die Fans so verbotenes tun
Kaymer muss zuerst ran und spielt seinen 25 Meterputt auf einen Meter ans Loch. Jetzt Stricker mit einem relativ simplen Chip aus 7 Metern. Den spielt er aber will zu aggressiv und der Ball geht gut 2 Meter zu weit. Somit ist Stricker noch mal dran. Er liest die Linie gefüllte 10 Minuten um den Putt dann doch vorbeizuschieben. Panik bei den Amis. Jetzt hat Kaymer die Chance mit 1 Up auf die 18 zu gehen. Der Meterputt ist Formsache. Kamer geht 1Up.
Jetzt nichts wie ab zum 18-ten Grün, denn wir spüren dort kann jetzt Geschichte geschrieben werden. Wir haben insofern Glück, das der Fluß, der an der 17 überspielt werden muß, den meisten Zuschauern den Weg zur 18 versperrt. Dort gibt es nur eine Brücke an der es sich jetzt staut. Da wir die ganze Zeit auf der „Richtigen Seite“ der 17 waren, können wir jetzt ganz gemütlich zum 18-ten Grün gehen und bekommen immer noch einen tollen Platz direkt am Grün.
Kaymer und Stricker treffen beide das Grün des PAR 4 mit dem Zweiten. Dieses Mal ist Stricker weiter weg und muß vorlegen. Stricker spielt mit einem Zwei-Putt das sichere PAR. In der Zwischenzeit erfahren wir über unser Field-Radio das Molinari die 17 verloren hat und 1 down liegt. Jetzt hängt alles von Kaymer ab. Zwei Putts und das DING bleibt in Europa. Was dann geschieht hat jeder von uns tausende Male im TV gesehen. Aber ich kann‘s nicht oft genug sehen. Ein Putt für die Unsterblickeit.
Der entscheidene Moment. Tod oder Wochenschau
Putt 1 viel zu lang. Herzschrittmacher auf Stufe 10
Putt 2 ist drin, Martin Kaymer ist unsterblich
Die Party danach war unglaublich. Das coolste war die Champagnerdusche mit den Spielern. Von den anderen Ryder Cups wußten wir, dass diese normalerweise an der Clubhaus-Terrasse stattfindet. Aber nicht hier. Kein Zugang für Zuschauer. Also frage ich einen Offiziellen wo das denn hier stattfinden soll. Er sagt uns, dass die das am Übergang vom Übungsgrün zu Tee 1 machen werden. Dort wo für die Spieler extra eine Brücke gebaut wurde. Also wir nichts wie hin. Gerade als wir ankommen rollen die eine riesige Europafahne aus und wir stehen direkt darunter in der ersten Reihe. Jetzt merken auch die anderen Fans das hier gleich was passiert. Und plötzlich rennen sie alle herbei, gerade als auch schon mit Sergio Garcia der erste Spieler auf der Brücke auftaucht und die Champagnerkorken knallen läßt. Dann folgt das gesamte Team. Unsere Klamotten sind mit Champus getränkt. Ich hoffe mein Handy ist wasserdicht während ich direkt drauf halte. Was für eine geile Stimmung. Wenn Ute nicht dabei ist, sage ich immer, das war der geilste Tag in meinem Leben. Wenn sie dabei ist, ist es natürlich der Hochzeitstag.
Achtung!!! Vor dem Start des Videos unbedingt die Laustärke runter drehen
Champagnerdusche mit den Spielern. Martin ist ganz Links auf der Brücke
Chris und Carl ganz traurig, Ute hat Spaß und Claus goes crazy
Nachdem die letzte Flasche geköpft ist, gehen die Spieler zum Übungsgrün und geben Interviews ohne Ende. Wir singen ohne Pause Ole, Ole Ole und lassen die Spieler hoch leben. Dann verziehen sich die Spieler zum Duschen.
Martin gibt ein Interview, während wir Fans ihn lautstark feiern.
Zum dank holt er eine der leeren Champagnerflaschen und schenkt sie einem Fan
Der glückliche Fan mit derm Geschenk von Martin Kaymer
Eine Stunde später ist die feierliche Abschlußzeremonie. Jose Maria Olazabal hat Tränen in den Augen im Gedenken an Seve Balesteros, dem die Europäer den Sieg widmen und wir sind uns alle sicher, dass Seve irgendwie seine Finger im Spiel hatte. Und eines ist auch sicher. Beim nächsten Ryder Cup sind wir wieder dabei, auch wenn es so geil eigentlich nicht wieder werden kann.
PS:
Im Park-And-Ride-Bus ging die Feier dann noch weiter. Beim Ryder Cup singen die Euro-Fans immer zur Melodie von „Winter-Wonderland“.
There’s only ooooone Ian Poulter, there is only oooooone Ian Poulter, we are walking along, singing a song, walking in the Poulter wonderland.
Dabei kann der Spielername beliebig ausgetauscht werden. Für Martin haben die Fans dann eine spezielle Version gedichtet.
There’s only oooone Martin Kaymer, he’s the king of Medinah, he’s making the putt and winning the cup, walking in the Kaymer wonderland.
Jetzt viel Spaß mit den Fotos - Oleeee Ole Ole Oleeeee
... McIlroy hat gerade sein Match an der 17 gewonnen, während er von der Presse umringt wird mache ich heimlich ein Foto...
... Garcia hat gerade auf der 17 auf AS ausgeglichen und haut Furyk an der 18 seinen Drive um die Ohren...
... immer mehr Presse verdeckt uns die Sicht, die Schatten sind schon lang, Kaymer betritt das 17-te Grün ...
... die Hände zum Himmel Ole Ole Ole, Wir singen 'There is only one Ian Poulter, here is only one Ian Poulter' ...